Die Stundenverrechnungssätze und deren Höhe sorgen oftmals für Streitigkeiten mit den Haftpflichtversicherern bei der Regulierung eines Unfallschadens. Sachverständigengutachten oder auch Kostenvoranschläge, welche nach einem Unfall eingeholt werden, weisen regelmäßig Stundenverrechnungssätze einer Fachwerkstatt bzw. markengebunden Fachwerkstatt auf. Diese Stundenverrechnungssätze werden häufig durch den Haftpflichtversicherer durch intern eingeholte Prüfberichte gekürzt. In der Regel geschieht dies durch eine vorgelegte Reparaturkostenkalkulation durch eigene Sachverständigenunternehmen der jeweiligen Haftpflichtversicherer. Der Geschädigte wird sodann auf wesentlich günstigere Reparaturmöglichkeiten und die deswegen erfolgte Kürzung der Stundenverrechnungssätze hingewiesen.
Wie entscheiden die Gerichte?
Die Frage, ob der Haftpflichtversicherer bei fiktiver Abrechnung die regional üblichen Stundenverrechnungssätze einer gebundenen Fachwerkstatt erstatten muss, wurde von den Gerichten in der Vergangenheit sehr unterschiedlich beantwortet worden.
Seit dem sog. “Porsche-Urteil” des BGH vom Jahre 2003 konnte zu dieser Frage grundsätzlich Klarheit geschaffen werden. Allerdings werden nach wie vor die Ausführungen des Bundesgerichtshofes zu dieser Problematik aktuell unterschiedlich interpretiert. Es finden sich auch einige Gerichte, die den Geschädigten gleichwohl auf eine günstigere oder die günstigste von mehreren ortsansässigen Markenwerkstätten verweisen.
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Thema Stundenverrechnungssätze
Inzwischen hat der 6. Senat des Bundesgerichtshofes in mehreren Entscheidungen zur Problematik der Stundenverrechnungssätze nunmehr Stellung bezogen. Danach kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen “freien Fachwerkstatt” verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden (BGH, Urteil vom 13.07.2010 – VI ZR 259/09; Urteil vom 22. Juni 2010 – VI ZR 337/09; Urteil vom 20.10.2009 – VI ZR 91/09).
Grenzen der Zumutbarkeit bei der Regulierung
Unzumutbar ist eine Reparatur in einer “freien Fachwerkstatt” für den Geschädigten stets dann, wenn das beschädigte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls nicht älter als drei Jahre war. Aber auch bei Kraftfahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen. Unzumutbar ist eine Reparatur in einer “freien Fachwerkstatt” für den Geschädigten auch dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die marktüblichen Preise dieser Werkstatt, sondern vertragliche Sonderkonditionen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zugrunde liegen.
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